Mittwoch, 6. Juni 2007

Nervige Mitbewohner

Nun lebe ich seit ueber zwei Jahren in einer WG. Meine Mitbewohner waren ein nach Amerika ausgewanderter Pole; ein Pole meines Alters, der verheiratet ist und zwei Kinder hat (und der mich jederzeit unter den Tisch trinken konnte); eine Franzoesin, die kein Wort Englisch sprach; ein Grieche, den ich in Houston kennengelernt hatte; ein Este, der seine Waesche zum Trocknen immer in der Kueche aufhaengen musste - obwohl er das groesste Zimmer von allen bewohnte -, der jeden morgen seinen Haferschleim kochen musste und sich ganz schlau vor kam; und ein Littauer.
Dieser Littauer ist derzeit der einzige, der mit mir in der Wohnung wohnt. Nachdem sein Freund der Este umgezogen ist, haben nicht nur die russischen Gespraeche und das Braten, Bruzeln und kochen um 0700 in unserer Kueche geendet, sondern er ist auch in das grosse Zimmer umgezogen. Das war mir nur recht, denn sein regelmaessiges, kettensaegenlautes Schnarchen und Husten gaben mir Probleme beim einschlafen, zumal ich meine Musik um 2200 abdrehen musste, damit sich der Littauer selbst schlafen legen konnte, und das Kettengerassel seines Schnarchens ungestoert durch die Wand dringen konnte.
Optisch passt er sehr gut in das Bild eines Informatikers, der er auch ist. Bleich und von sehr unfoermiger Statur, wirkt er im Gespraech kindlich, um nicht zu sagen, etwas zurueckgeblieben. Er ist verheiratet und Vater von zwei entzueckenden Kinderchen - diese waren nun drei Wochen auf Besuch hier - und diese wurden auch am Wochenende mit lautstarken "Bscht!" und "Schhhhh!" Lauten von den Eltern fruehmorgens zur Ruhe geordert. Dass es gerade diese unnoetig lauten Zischlaute waren, die mich jedesmal aus mdem Schlaf rissen, sei nur nebenbei bemerkt.
Mein Littauer hat ausserdem einen leichten Kontrollkomplex, der sich darin aeussert, dass er, wenn ich das Backrohr vorheize und dann fuenf Minuten lang nicht kontrolliere, ob die gewuenschte Hitze beriets erreicht wurde, das Backrohr ausschaltet, wenn ich nicht daneben stehe und die gewuenschte Hitze bereits erreicht wurde. Das macht er auch, wenn ich Wasser zum Kochen aufstelle. Letzens hat er die Herdplatte mit den Worten "Metal gets hot very fast!" ausgeschalte, als ich direkt daneben stand.
Auch auessert sich der Komplex darin, dass er, sobald ich aus meinem Zimmer in die Kueche trete um ein Glas Wasser zu trinken, mir die Haende im Bad zu waschen, mir etwas zu kochen oder mir Eiswuerfel fuer meinen Vodka zu holen, aus seinem Zimmer herausschaut. Ja, es scheint sogar so, dass er sich just daran erinnert, seinen Essnapf oder Teller oder Schuessel, welche er sich aufs Zimmer mitgenommen hat, abzuwaschen, wenn er hoert, dass ich in der Kueche zu werkeln beginne. Dann wird jeder meiner Handgriffe kontrolliert und ich darf mich zusaetzlich ueber schwierige Gespraeche auf Niveau von dreijaehrigen freuen.
Nun bin ich ein sehr eher gemuetlicher - oder, wem es besser geafellt, traeger - Mensch, dem es zu viel Aufwand bedeutet sich mit dem Littauer ueber diese Dinge zu streiten. Ich habe vielmehr aufgehoert in der Kueche zu essen, ja, ich benutze die Gemeinschaftsraeumlichkeiten nur noch, wenn ich es nicht vermeiden kann. In der Frueh versuche ich entweder vor ihm alles erledigt zu haben, oder ich warte bis er weg ist (das frueher dran sein ist weniger effektiv, weil er, sobald er hoert, dass ich mich auf dem Weg zum Bad mache, aus seinem Zimmer heraus kommt um sich Fruehstueck zu machen und mich dann, sobald ich das Bad verlasse, zu fragen, ob ich endlich fertig sei - er selbst dusscht gerne morgentlich bis zu 20 Minuten lang). Hinfaellig zu sagen, dass ich auch nicht mehr fruehstuecke und nur noch am Abend koche, wenn das Mittagessen nicht ausreichend oder ungeniessbar war.
Warum aber schreibe ich das alles? Gestern Abend also kam es zum tragischen Hoehepunkt unserer Konfliktbeziehung. Ich komme gegen 2200 kurz aus meinem Zimmer. Er steht in der Kueche am offenen Fenster, dreht sich um und meint er haette ein ganz kleines Anliegen an mich. Ich frage ihn, was er wolle. Ja, ich solle doch bitte aufhoeren in der Kueche und im Bad zu rauchen. Ich bin etwas ueberrascht und erklaere ihm geduldig, dass ich nie in den Gemeinschaftsraeumen rauche oder geraucht habe und dass ich auch nicht gedenke dies zukuenftig zu tun. Doch, er glaubt er koenne den Rauch fuehlen - das waren seine Worte 'I think I can feel it', unglaublich,oder? - andererseits war mehr als zu glauben zu fuehlen gar nicht moeglich, denn beide Fenster der Kueche waren weit geoffnet gewesen und keine Spur von Rauch zu bemerken. Ich versichere ihm erneut, dass ich ausschliesslich in meinem Zimmer rauche. Hmmm, vielleicht ist es durch das Oeffnen meiner Tuer in die Kueche gezogen, meint er. Ich sage ihm, dass das schon moeglich sei, wundere mich aber, weil ich an diesem Abend fast nichts geraucht habe und mein Zimmer sehr gut belueftet war. Ja, hmm, ich solle doch, aeh, vielleicht mein Zimmer mehr lueften? Ist auch besser fuer meine Gesundheit.... Ich war so ueberfahren von dieser Unverschaemtheit, dass ich mich kampflos in mein Zimmer zurrueckgezogen habe.
Wer glaubt dieser Kerl eigentlich, dass er ist? Zuerst beschuldigt er mich in der Kueche zu rauchen - er haette mich ja auch fragen koennen, ob ich das ueberhaupt tue. Und als das nicht funktioniert, will er mir vorschreiben, was ich in meinem Zimmer zu tun habe, bzw. wie ich mein Zimmer zu belueften habe? Und seit wann ist dieser Clown Arzt? Und wer hat ihn zu meinem persoenlichen Hausarzt ernannt? Ich bin es schliesslich nicht, der mit tuberkuloesem Gehuste einhersteigt!
Ich okkupiere das kleinste Zimmer in der Wohnung, habe mich aber aus saemtlichen anderen Bereichen der Wohnung komplett zurueckgezogen. In der Kueche bewahre ich nur die Lebensmittel auf, fuer die ich in meinem Kasten keinen Platz haben oder die gekuehlt werden muessen (sofern im Kuehlschrank Platz fuerirgendetwas von mir ist). Im Bad befindet sich nur mein Shampoo (ca. 6 Spezialshampoos von im stehen dort herum), eine Zahnbuerste (er 2), eine Zahnpaste (er keine) und ein Handtuch (er 2) von mir - das ist mir auch alles recht so. Aber nun ist dieser Mensch in meinen letzen Zufluchtsort vorgetrungen, mein Zimmer. Und sofern es mich angeht, und das tut mein Zimmer bitteschoen, hat er dort nichts verloren.
Vielleicht hat er ein Lungenleiden? Vielleicht ist er ein Jean-Baptiste Grenouille der Gegenwart? Vielleicht ist er ein sehr einfuehlsamer und gefuehlvoller Mensch, sehr sensibel und mit PMS? Das interessiert mich alles nicht. Dann soll er sich seine eigene Wohnung mieten oder in eine WG in der kein Raucher wohnt. Ich habe mich seit seiner Ankunft sehr angepasst und mein Leben eingeschraenkt, aber nun hat er den Bogen ueberspannt.

Ich hoffe sehr, dass er sich die naechsten Wochen von mir fern haelt, denn nun hat er Wind gesaet.

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